Ein Bericht von Herbert G.

Clavichord Kurs von Suzana Mendes in Marienberge Januar 2018

Herbert Grundhewer, Berlin

Das Wetter in Berlin war trübe bei der Abfahrt an diesem Morgen Anfang Januar, die Stimmung gedämpft. Die Berliner Stadtreinigung schob mit großen Schneeschiebern Mengen an Neujahrsmüll auf den Straßen zu hohen Haufen zusammen. Ich brach auf Richtung Köln. Im Zug auch Hartmut Schlums, bei ein paar Tassen Kaffee und nettem Geplauder waren wir auf dem Weg ins verregnete Rheinland.

Dort erwarteten uns ganz andere Stimmungen. Wir waren angemeldet zum Clavichord-Kurs bei Suzana Mendes. Nach einer Fahrt durch das geschlängelte Tal der Sieg und das noch geschlängeltere, enge Nebental der Bröhl, durch eine mir bisher nicht bekannte Gegend zwischen Westerwald und Bergischem Land, in der die Orte so malerische Namen wie Hufe, Honigsessen, Vierbuchen, Birken, Rübengarten oder Fischbach tragen, tauchte auf der Anhöhe hinter Katzwinkel Marienberge auf, das Tagungshotel. Hier trafen sich am frühen Nachmittag zehn Clavichord-Begeisterte mit Suzanna Mendes, um sich in den nächsten Tagen ganz mit dem Spiel dieses Instrumentes zu beschäftigen. Zusammen mit uns kamen noch über zwanzig Gamben-Spieler und Spielerinnen mit ihren kleinen und großen Instrumenten in Marienberge an, zu einem Gamben-Consort-Kurs bei Anke Böttger.

Gleich am ersten Nachmittag ging es los. Die Kursteilnehmer hatten ganz unterschiedliches Vorwissen: manche waren sehr versiert und langjährige Spieler, andere hatten noch nie auf einem solchen Instrument gespielt. Wir alle lernten den Umgang mit dem Clavichord von einer anderen Seite kennen und konnten im Laufe der Woche immer besser schöne, klingende Töne aus den Instrumenten zaubern.

Uns standen für den Kurs fünf Clavichorde zur Verfügung. Suzana Mendes hatte ein großes ungebundenes Instrument und ein gebundenes, mitteltönig gestimmtes Clavichord mitgebracht. Drei Teilnehmer hatten ihre eigenen Instrumente dabei. So standen uns zwei mitteltönig gestimmte kleine Clavichorde, und zwei nach Kirnberger gestimmte größere zum Spiel zur Verfügung, die alle reichlich von früh bis zum späten Abend gespielt wurden.

Die Teilnehmer hatten Musik von der Renaissance bis zu Mozart im Gepäck. Vorgestellt wurden Stücke von unbekannten Meistern der Renaissance, Pachelbel, Sweelinck, Weckmann, Froberger, JS Bach, CPE Bach bis hin zu Mozart. Darunter waren sowohl sakrale Musik als auch Tänze und Lieder.

Wir lernten einzelne Stücke kennen, die jeweils einer der Teilnehmer vorstellte. Dabei wurde vor allem Wert auf die harmonische Struktur und die besonderen Gestaltung der Musik des Barocks gelegt.

Die Arbeit an den Stücken wurde erweitert durch Übungen zum Anschlag, der Artikulation von Melodieabschnitten und den anderen Gestaltungsbedingungen des Clavichordes. Vor allem bei den Liedern versuchten wir die Atmung im Spielverlauf zu zeigen. Wir lernten die praktischen Grundlagen der Instrumentenstimmung, und nach ein paar Tagen konnten wir zumindest theoretisch die Besonderheiten der mitteltönigen und der Kirnberger-Stimmung benennen und auseinanderhalten.

Suzana Mendes führte uns in die Anfangsgründe des Basso-Continuo-Spieles ein und zeigte uns, wie dieses Wissen das Spiel und die Ausdrucksmöglichkeiten sehr bereichert. Am Ende der Woche meinten wir schon viel besser harmonische Strukturen und Dissonanzen beim Zuhören und Spielen zu erkennen. Immer wieder ging es dann darum, dieses Wissen auch im Vorspiel eines Stückes am musikalischen Material hörbar zu machen und zu zeigen.

Auch der Spaß kam nicht zu kurz, wobei ich hier besonders das vierhändige Spiel oder das gleichzeitige Spiel auf zwei Instrumenten nennen möchte.

Sehr nette Unterbrechungen und Höhepunkte waren Besuche bei den Gambenspielern, die im Obergeschoss ihre mehrstimmigen Choräle übten. Am letzten Abend luden wir die Streicher zu uns ein und boten Ihnen eine musikalische Einführung in die Welt des Clavichordes mit Stücken von Luis de Milán, JJ Froberger, JS Bach, und vierhändigen Bearbeitungen von Carlos de Seixas und  John Dowland.

Gespielt wurde vom frühen Morgen bis in den späten Abend, nur die Gamben schafften gelegentlich noch längere Musizierzeiten.

Suzana leitete den Kurs mit einem großen Verständnis für die individuelle Situation eines jeden Teilnehmers, von speziellen Interessen und dem verschiedenen Kenntnisstand. Alle, vom Anfänger bis hin zu dem einen professionellen Musiker, äußerten sich am Ende zufrieden und hatten für ihr Spiel und für das Verständnis der Alten Musik viel gelernt. Eine Woche eingetaucht in Musik, welch ein Luxus, wo gibt es das sonst im Alltag von Amateuren.

Nach fünf Tagen ging es zurück, die Sieg war inzwischen über ihre Ufer getreten, auch am Rhein gab es Hochwasser und Überschwemmungen. Mit uns in den Zug nach Köln stiegen die ersten Jecken in bester Stimmung, der Karneval im katholischen Rheinland ging nach den Weihnachtstagen richtig los.